30 November, 2013

Sind wir jetzt die "Anonymen Christen"?

Da gibt es Rezensionen zu einem "Streit über Gott", und die Urteile beider Seiten sind ziemlich wohlwollend, weil die Streitpartner kultiviert bleiben. Aber da der göttergläubige Rezensent anscheinend nicht recht hinnehmen mag, dass Atheisten nett und freundlich sind, verweist er darauf, dass man den bekennenden Atheisten auch zu den "Anonymen Christen zählen könne.
Sowas muss einem erst mal einfallen: "... ganz sicher Atheist in Bezug auf die Gottesbilder, aber ganz sicher nicht in Bezug auf jene innere bewegende Kraft..."
Das ist ausgesprochen typisch: Was nicht so recht ins religiös vorgefertigte Weltbild zu passen scheint, wird ungeachtet der Realität flugs passend gemacht, und wir alle sollen dann dran glauben.

28 November, 2013

Wie hat das nun alles angefangen?

Einige Male schon haben wir uns hier über "den Ursprung von Allem" ausgelassen. Und es bleibt ein Dauerbrenner – aus verschiedenen Gründen. Zum Beispiel deshalb, weil jeder neue Jahrgang sich wieder selbst seine eigenen neuen Gedanken macht (machen muss, natürlich). Und auch deshalb, weil der Sachverhalt wirklich vertrackt ist, das ist nun mal Stoff zum Grübeln. Nämlich wegen der Geschichte mit dem Anfang. Noch aushalten kann man ja die Verweise auf gestern und vorgestern: von da kommt alles, was wir heute finden. Aber ganz, ganz weit zurückgedacht? Müsste es da nicht doch irgendein "Erstes" gegeben haben? "Gelehrte" haben das irgendwann einfach verlangt und in die schönen Worte gekleidet, dass ein "infiniter Regress" nicht überzeugend sei, wie auch immer. Solche Überlegungen sind einfach ein Anzeichen dafür, wie schwer wir uns damit tun, etwas "ohne Anfang" zu akzeptieren, was dann aber doch so da ist, wie wir es heute sehen. Man könnte verzweifeln. Und befeuert wird der Zweifel damit, dass wir ja ständig die alltägliche Erfahrung machen, wie die Dinge "entstehen" und "vergehen", die uns umgeben. (Irgendwann kommt man drauf, dass das nicht die Substanz betrifft, sondern nur deren Form.) Kurz: Eine "anfangslose" Existenz scheint manchem nur schwer denkbar. Wie kommen wir 'raus aus dem Teufelskreis? Ganz einfach: Wir kehren die Frage um. Wenn es einen plötzlichen "Anfang" aller Substanz gegeben haben sollte, dann müsste es logischerweise auch ein gänzlich rückstandsloses "Ende" aller Substanz geben können! Also: Wie einsichtig erscheint es uns, dass unsere Materie – beispielsweise Elektronen und Quarks – von einem Moment auf den anderen gänzlich rückstandslos verschwinden könnte? Offenbar ist solche Vorstellung noch weit abenteuerlicher als die eines "fehlenden" Anfangs. Fazit: die Vorstellung einer dauernden Existenz der Materie – ganz gleich, ob in Form von Teilchen oder Strahlung – ist immer noch die einsichtigste. Dass es dabei dramatischste Umwandlungen geben kann, z. B. in der Nähe des Urknalls, das gehört eben zur Natur unseres Universums, in dem zu leben wir das Glück haben.

07 November, 2013

Göttergläubig und zumeist belogen

Wenn alle Religionen sich gegenseitig beschuldigen, nicht die wahre zu sein, dann sind logischerweise fast alle Religionen (bis auf evtl. eine) falsch, vermitteln ihren Anhängern also Unwahrheiten. Da keine Religion die Mehrheit der Göttergläubigen hinter sich hat, wird folglich die Mehrheit auf jeden Fall belogen.

06 November, 2013

Über himmelweite Unterschiede

Der himmelweite Unterschied zwischen Nichtglauben und Glauben:
Wir stellen zwei Aussagen in den Raum: (a) Ich glaube nicht, dass es Götter gibt. (b) Ich glaube, dass es Götter nicht gibt.
Mancher mag auf den ersten Blick keinen besonders großen Unterschied finden, wenn das "nicht" mal hinter "Götter", und mal hinter "glaube" steht.
Deutlicher wird der Unterschied, wenn wir "glauben" durch das stärkere "behaupten" ersetzen: (a') Ich behaupte nicht, dass es Götter gibt. (b') Ich behaupte, dass es Götter nicht gibt.
Jetzt wird deutlicher sichtbar, dass (a) gar nichts behauptet, (b) aber sehr wohl.
Obwohl viele Säkulare vom Typ (a) sind, ist auffällig, dass Theisten da kaum differenzieren, sondern gern pauschal die Variante (b) unterstellen.

01 November, 2013

Schöner Einblick in die Welt des Glaubens

Bei Amazon rezensiert ein A. Rieble. Ein Buch, das ihm nicht gefällt, ist Kubitzas "Jesuswahn". Abgesehen davon gibt es in Riebles Besprechung dieses Buches einen kleinen Absatz, der die Glaubenswelt herrlich knackig beschreibt:
"Der christliche Glaube ist per definitionem ein ungeschuldetes Geschenk Gottes, auch wenn der Mensch dabei mitwirkt. Das Geschenk besteht darin, an eine göttliche Seinsebene zu glauben, die über der geschöpflichen steht. Geht dieser Glaube verloren, bleibt gewöhnlich nur eine weltimmanente Denkebene übrig..."
 Klartext also: So lange man sich einbildet, der eigene Glaube sei Göttergeschenk, sieht man eine "göttliche Seinsebene" (was immer das sein mag). Wenn dann diese Einbildung schwindet – vielleicht durch unerträgliche Abstrusitäten und Widersprüchlichkeiten der Götteridee – gelangt man wieder in die weltimmanente Denkebene. Besser kann man seinen Götterglauben kaum beschreiben. Vermutlich wird Herr A. Rieble bestreiten, selbst an "unerträgliche Abstrusitäten und Widersprüchlichkeiten" zu glauben. Aber witzigerweise attestiert er in einer anderen Rezension ("War's Allah's oder das Wort eines Mannes??") genau das der Glaubenswelt des Koran:
"Um es gleich zu sagen: Das Buch ist herzerfrischend zu lesen für jeden, der einerseits die religiösen Überzeugungen und Bemühungen der Muslime achten möchte, andererseits aber das literarische Sammelsurium des Korans mit seinen Abstrusitäten und Widersprüchlichkeiten unerträglich findet."
Immer wieder fasziniert die Blindheit der Göttergläubigen bezüglich der symmetrischen Glaubenssituation: Was ich bei anderen Religionen "unerträglich abstrus und widersprüchlich" finde, finden die anderen bei meiner Religion natürlich auch!

Hier passt wieder mal die schöne Bemerkung, dass unmöglich alle Religionen richtig sein können, wohingegen es sehr gut möglich ist, dass alle Religionen falsch sind.

08 Oktober, 2013

Reich-Ranicki kritisiert im Himmel

Das ist einfach zu schön:



(Gefunden bei: http://www.maths.ed.ac.uk/~aar/surgery/nzzcartoon.jpg)


07 Oktober, 2013

Diese Kirche stellt die falschen Fragen

Eine Kirche will unter der Überschrift "Kirche im Dialog" mit mehr Leuten ins Gespräch kommen und sagt als erstes: "Hier zunächst einige Aussagen zum Glauben. Geben Sie bitte bei jeder Aussage an, wie stark sie diese teilen." Dann geht es los:

Erste Aussage: "Ich habe manchmal das Gefühl, dass eine höhere Macht auf mein Leben einwirkt." (Dazu eine Skala von "trifft zu" bis "trifft gar nicht zu")
Was – bitte – soll "höhere Macht" sein, und warum nur eine? Ist die Schwerkraft eine höhere Macht, weil sie mich auf der Erde festhält? Ist die Regierung eine höhere Macht, weil sie zwingend meine Steuern einzieht? Ist die Kirche eine höhere Macht, weil sie den Religionsunterricht durchsetzt? Dann trifft voll zu, dass ständig höhere Mächte auf mein Leben einwirken. Vermutlich meint die Kirche hier aber nicht Schwerkraft oder Regierung, sondern irgendwelche Götter. Dann trifft – da das literarische Erfindungen sind – natürlich nicht zu, dass die auf mein Leben einwirken. Allerdings ist diese Antwort noch nicht die ganze Wahrheit. Denn auch wenn keine Götter existieren, die auf mein Leben einwirken könnten, gibt es doch eine mittelbare Kette von Wirkungen: Leute, die meinen, dass es Götter gäbe, setzen nämlich politisch durch, dass ihre Interessen durch meine Steuergelder gefördert werden. Da habe ich schon das Gefühl, dass das negativ auf mein Leben einwirkt. Sind das "höhere Mächte"? Was also soll man hier ehrlicherweise ankreuzen?

Zweite Aussage: "Nur das existiert, was sich messen und nachweisen lässt." (Dazu wieder die Skala von "trifft zu" bis "trifft gar nicht zu")
Was sagt die Logik? "Messen und nachweisen" lassen sich irgendwelche Wirkungen. Falls eine Sache auch im Existenzfall ganz sicher keinerlei Wirkungen hätte, ließe sich nicht entscheiden, ob sie existiert oder nicht. Gleichzeitig ist damit aber auch sicher, dass es zu den immanenten Eigenschaften dieser Sache gehört, wegen ihrer absoluten Auswirkungslosigkeit gänzlich irrelevant zu sein. Wenn es also eine immanente Eigenschaft des unsichtbaren rosafarbenen Einhorns ist, dass es keinerlei Auswirkungen zeigen kann, lässt sich nicht entscheiden, ob es existiert oder nicht. (Das trifft für alle anderen Farben natürlich genauso zu.) Was also soll man hier ehrlicherweise ankreuzen?
Ganz besonders witzig ist die Inkonsistenz zwischen diesen beiden ersten abgefragten Aussagen. Während die erste das Vorhandensein einer (göttlichen) "Einwirkung" suggerieren will, läuft die zweite unterschwellig auf die Bekundung hinaus, dass sich die "Einwirkung" nicht "nachweisen" lässt.

Dritte Aussage: "Ich glaube daran, dass es ein Leben nach dem Tod gibt." (Dazu wieder die Skala von "trifft zu" bis "trifft gar nicht zu")
Mit dem Tod eines Organismus ist auch der Tod des zugehörigen Gehirns verbunden. Eine Person, die in diesem Sinne organisch gestorben ist, hat danach naturgemäß keine eigenen Gedanken mehr. Gleichzeitig enthält die Frage die unspezifische Formulierung "ein Leben nach dem Tod". Man könnte antworten, dass es nach dem Tod einer Person viele andere Leben gibt, die weitergehen. Diejenigen, die etwas über die Gedanken der gestorbenen Person wissen, können die Gedanken wiederholen, weiter geben, nachvollziehen, weiterdenken, sich untereinander darüber austauschen, so wie wir uns über die Gedanken von Lukrez und Diderot austauschen. Die organische Materie der toten Person wird sich mit der Zeit über den Planeten verbreiten. Wenn wir ganz grob schätzen, dann könnte jeder von uns etwa eine Billion Atome in seinem Körper haben, die original von Lukrez stammen. Folglich bestehen wir zum Teil aus Lukrez und können seine Gedanken denken und weiterführen. Aber das ist eben nicht das Leben des Lukrez, sondern es ist unser Leben, auch wenn wir seinen Gedanken folgen. Was also soll man hier ehrlicherweise ankreuzen?

05 Oktober, 2013

Diderot: Heut' feiern wir Geburtstag

Heute vor 300 Jahren wurde Denis Diderot geboren. Ihm haben wir die Enzyklopädie zu verdanken und vieles mehr. Lieber Denis, danke für Deine Arbeit, für Deinen Mut, Dein Durchhaltevermögen. Ohne Dich hätten wir heute vielleicht ähnlich viele Schwierigkeiten wie Du damals, einfach nur nach Wahrheiten zu suchen, zum Offensichtlichen zu stehen und es kund zu geben. Danke für alles.

20 Juni, 2013

Du behauptest, dass es Götter gäbe

Geklaut bei den United Atheists of America:





Oder so: keinegoetter.de

25 April, 2013

Kinder mit der Rute "korrigieren"

Die NZZ bringt einen Bericht zu Ansichten über Kindererziehung, und da werden göttergläubige Leute vorgestellt, die es für dienlich halten, ein achtmonatiges Baby mit einem Stock zu schlagen - um es zu erziehen. Darf man das für böse ansehen?
Nun fragt sich derBright als bloggender Laie: Sind all diese religiösen Leute tatsächlich böse Menschen, oder könnte es nicht doch sein, dass da der eine oder andere gute Mensch durch seine Religion zu bösen Dingen getrieben wird?

20 April, 2013

Und wir finden immer neue Götter


So wahr wie erheiternd, und dass die Sonne am Anfang steht, ist sicherlich auch kein Zufall:


(Gefunden bei dem göttlichen Teddy Tietz)

31 März, 2013

Warum hab' ich meine Weltanschauung?

Da gab es einen Aufruf an Blogger: In 200 Worten (oder weniger) sollte jeder beschreiben, warum er seine Weltanschauung vertritt.
Das ist eine faire Basis, und die Ergebnisse lesen sich sehr instruktiv.

27 Februar, 2013

Kinder dürfen eine Meinung haben

Sie müssen nicht unkritisch dubiosen religiösen Sprüchen folgen, jedenfalls dann nicht, wenn sie englisch verstehen: http://kidswithoutgod.com/

06 Januar, 2013

Einfach so Naturalismus eben

Unsere Welt hat nicht "mehrere Realitäten", sondern unsere Welt ist bei außerordentlicher Vielfalt die eine Realität.
Wir denkenden Menschen machen uns ein Abbild von dieser einen Realität, und da Menschen verschieden sind, unterscheiden sich diese Abbilder.
Sunnitisch geprägte Abbilder scheinen einigen ihrer Anhänger den Eindruck zu vermitteln, dass man Anhänger eines schiitisch geprägten Abbildes getrost in die Luft sprengen darf.
Das katholisch geprägte Abbild sagt, wer nicht göttergläubig ist, sei nicht Mensch im Vollsinn.
Gruppen, die einem bestimmten Abbild anhängen, sind diesbezüglich ziemlich stabil. So werden in einer Anhängergruppe erzogene Kinder selbst meist zu Anhängern dieser Gruppe.
Eher selten wird ein Gruppenmitglied Anhänger eines anderen Abbildes, und viele Gruppen mögen solche Wechsel nicht. Das kann dazu führen, dass Abtrünnige ihren Gesinnungswechsel vor der eigenen Gruppe verbergen und auf längere Zeit nur nominelle Anhänger bleiben (z. B. Everett, Meslier).
Seit Menschengedenken gibt es wohl Uneinigkeit darüber, ob unter den Abbildern der Welt die einen den anderen vorzuziehen seien.

Wie unterscheidet sich das naturalistische Abbild von anderen? Ein Gedankengang dazu:
  • Es gibt genau nur eine Realität – unabhängig von den unterschiedlichen Abbildern, die wir uns von ihr machen. 
  • Die Menschheit ist Teil der Realität. 
  • Wie lange die Menschheit existieren wird, hängt auch von unserem Verhalten ab. 
  • Wenn wir langes Überleben der Menschheit anstreben, gelingt das um so besser, je sachgerechter wir dafür handeln. 
  • Sachgerecht handeln können wir um so besser, je ähnlicher unser Abbild der Realität ist. 
  • Wegen unseres begrenzten Verstandes ist unser Abbild der Realität unscharf, unvollständig und in Teilen unzutreffend.
  • Zur Verringerung von Defiziten bezüglich der Güte des Abbildes der Realität hat sich die wissenschaftliche Methode als herausragend erfolgreich gezeigt. 
  • Das führt dazu, dass selbst Anhänger anderer Abbilder – wenn Tatsachen gefragt sind – fallweise die wissenschaftliche Methode nutzen (z. B. mit der verschämten Bezeichnung "methodischer Atheismus").
  • Während religiöse Abbilder häufig von sich behaupten, einziggültig und unveränderlich zu sein, versteht das naturalistische Abbild eigene Änderungen als normal und notwendig, weil nur so die dauernd angestrebte Nähe des Abbildes zur Realität entsprechend wachsendem Erkenntnisstand möglich ist.