13 August, 2006

Brauchte Ordnung wirklich einen Schöpfer?

Seit dem 7. März 2006 schreibt eine Gruppe intelligenter Menschen auf den Internetseiten http://www.kathpedia.com/ Artikel über ihre Religion. Dabei auch über "Beweise für die Existenz Gottes", was vermuten lässt, dass dieses Thema für die Autoren einige Bedeutung hat. Aber was steht da geschrieben?: "Jede Ordnung beweist das Vorhandensein einer Intelligenz". Muss das stimmen? Wenn Dinge Eigenschaften wie Masse, Ausdehnung, Temperatur usw. haben, werden vergleichbare Begegnungen von Dingen zu vergleichbaren Ergebnissen führen. Das ist schon der Anfang einer Ordnung. So einfach. Ohne Anwesenheit oder gar Notwendigkeit von Intelligenz: Protonen und Elektronen, die sich unter geeigneten Bedingungen begegnen, ordnen sich zu Wasserstoffatomen, Wasserstoffwolken "ordnen" sich zu Sternen, setzen thermonukleare Prozesse in Gang, bei Sternexplosionen "ordnen" sich Protonen, Neutronen und Elektronen zu Elementen höherer Ordnungszahlen, aus den Explosionsresten "ordnen" sich Planetensysteme. Wasserstoffatome und Sauerstoffatome, die sich unter geeigneten Bedingungen begegnen, "ordnen" sich zu Wassermolekülen, Wassermengen auf den Planeten "ordnen" sich zu Ozeanen uswusf. Wann setzt sich eine "Ordnung" gegenüber der "Unordnung" durch? Wohl dann, wenn der geordnete Zustand stabiler ist als der ungeordnete. Dann kann die Zahl der geordneten Fälle gegenüber der der ungeordneten zunehmen. Die Wissenschaft möchte nun gern herausfinden, wie sich – als eine Vorstufe des Lebens – erste organische Verbindungen gebildet haben könnten, die über die Fähigkeit zur Herstellung von Selbstkopien verfügen. Das ist eine der vielen ungeklärten wissenschaftlichen Fragen. Und Wissenschaft lebt von solchen ungeklärten Fragen, während Religion Wissenslücken anscheinend gelegentlich benutzt, um dort eine Art "Lückenbüßergott" zu installieren, der sich da so lange hält, bis die jeweilige Frage geklärt ist. ("Dem Ansehen Gottes hat dieses Verfahren bisher immer geschadet.") Auch Vatikanische Autoritäten sehen die Vermengung von religiösen und wissenschaftlichen Argumenten als unzulässig an. Z.B. sagt George Coyne: "Die Wissenschaft ist gegenüber religiösen, philosophischen und theologischen Schlussfolgerungen absolut neutral."
Im Text des Kathpedia-Artikels heißt es weiter: "Ein Beispiel: die Luft besteht aus einem Teil Sauerstoff und vier Teilen Stickstoff. Eine anders zusammengesetzte Mischung wäre für die Existenz der Lebewesen gefährlich." Der unbedarfte Leser soll daraus wohl schließen, dass die Verhältnisse göttlicherseits mit Vorbedacht so eingerichtet worden seien. Das wäre einfach eine Verwechslung von Ursache und Wirkung. Die Atmosphäre hat eben nicht diese Zusammensetzung, weil sie so gebraucht würde, sondern das Leben hat sich in der aktuell vorliegenden Art entwickelt, weil es sich an diese Verhältnisse angepasst hat. Gesicherter Wissensstand ist, dass das Leben außerordentlich flexibel ist und sich im Laufe von Milliarden Jahren bisher immer an die Verhältnisse anpassen konnte, die sich durch langsame Änderungen ergeben haben. Und so gibt es heute Leben eben nicht nur in der genannten atmosphärischen Zusammensetzung, sondern auch im Marianengraben und in Schwefelgeysiren. Die Wissenschaft schließt nicht mal aus, dass organisches Material in geeigneter Verpackung auch über kosmische Entfernungen transportiert werden könnte.
Fazit: Der Artikel ist einfach nur falsch. Interessant ist nun die Frage, ob die Kathpedia-Autoren es nicht besser wissen, oder ob es ihnen trotz besseren Wissens gar nicht so unrecht ist, wenn Falsches unter die Leute gebracht wird.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Der Artikel auf Kathpedia geht von einer anderen - heute nicht mehr verständlichen - Bedeutung des Begriffs Beweis aus. Heute verstehen wir unter Beweis die sichere Belegung unumstößlicher reproduzierbarer Fakten.

Liest man sich die Texte der Scholastik, allen voran die des hl. Thomas von Aquin genau durch, wird man merken, dass er für diese Argumente den Begriff "demonstratio" (Aufweisung) verwendet. In dem Sinne würde also der von euch kritisierte Satz Sinn machen. "Jede Ordnung weist auf das Vorhandensein einer Intelligenz."

(Übrigens: Vom reinen Wortlaut her besagt der Begriff ohnehin nichts anderes.)

derBright hat gesagt…

Lieber fr. Benedikt,
auch wenn man "Beweis" im schwächeren Sinne nur als "Hinweis" versteht, wird aus falsch nicht richtig, und wieso soll diese Bedeutung von "Beweis" "heute nicht mehr verständlich" sein? Jeder Jurist versteht unter "Beweis" nicht mehr als einen schlichten Beleg für seine Ansichten.
Das witzige ist, dass der Satz "Jede Ordnung weist auf das Vorhandensein einer Intelligenz." nicht mal in diesem schwachen Sinn von Beweis zutrifft. Es ist nun mal Fakt, dass Ordnung sich immer wieder mal aus Unordnung ergeben kann – vielleicht eher selten, aber eben wirklich ohne Zutun einer Intelligenz. Schon jede Art von Wiederholung ist eine erste Art von Ordnung. Die Chladnische Klangfigur z.B. ist eine ins Auge springende Ordnung. Ist für deren Zustandekommen "das Vorhandensein einer Intelligenz" nötig gewesen? Eben nicht. Der besagte Satz "Jede Ordnung weist auf das Vorhandensein einer Intelligenz." bleibt also schlicht und direkt falsch, und die Frage steht weiter, ob aus Unwissenheit, oder ob trotz besseren Wissens. Und: Inzwischen steht ja sogar im Diskussionsteil des Kathpedia-Artikels wörtlich: "Im übrigen ist der Einwand berechtigt, dass Ordnung keineswegs auf Intelligenz oder Planung schließen läßt".
derBright

Anonym hat gesagt…

Der hl. Thomas von Aquin spricht von Beweis im strengsten Sinne des Wortes und hat Recht. Er sagt ausdrücklich, dass für einen gebildeten Menschen die Existenz Gottes kein Glaube, sondern ein Wissen ist. Nur strenge Beweise erzeugen Wissen. Alles andere ist Meinung.

Was die Ordnung in der toten Materie anbelangt (Atome, Sub-nuk-Part., Moleküle), so ist sie tatsächlich bereits Ausdruck eines intelligenten Schöpfers. Allerdings ist das schwerer einzusehen. Deshalb bezieht sich der hl. Thomas von Aquin nicht auf die wesentliche Ordnung der Dinge (z.B. Naturgesetze), sondern auf die existentielle Ordnung der Dinge (Finalität).

Natürlich braucht JEDE Ordnung eine Ursache. Ordnung vereint mehrere Substanzen. Als Einheit existiert sie nur hinsichtlich des ens rationis. Deshalb kann es keine Ordnung geben, die nicht aus einem intelligenten Wesen stammt.

Anonym hat gesagt…

Auch in den chladnischen Klangfiguren ist eine Ordnung. Sie wird von Naturgesetzen vorgegeben, die ein intelligenter Schöpfer hervorgebracht haben muss, da es keine Ordnung ohne Intelligenz geben kann.

Der heilige Thomas von Aquin bezieht sich in seinen Gottesbeweisen nicht auf diese imanente Ordnung, weil es nicht in unserer Möglichkeit und damit Erfahrung liegt Naturgesetze zu schaffen. Die Gottesbeweise gehen aber von Erfahrbarem aus. Aber selbstverständlich ist auch die Ordnung in den Naturgesetzen Ausdruck eines intelligenten Schöpfers.
Dies wird aber in der erfahrbaren transzendenten Finalität der toten Substanzen viel deutlicher.

Anonym hat gesagt…

Dazu kommt, dass was für uns wesentlicher Ordnung ist für Gott existentieller Ordnung ist. Gott bringt die Wesenheiten hervor und verfolgt darin ein Ziel.

derBright hat gesagt…

Lieber Kommentierer,
vielen Dank, dass Du Dir die Mühe machst, hier zu schreiben. Wenn derBright das Vorgebrachte richtig versteht, vertrittst Du drei (voneinander ziemlich unabhängige) Thesen:
a) Das sichere Wissen, dass es Gott gibt, kann nur aus einem strengen Beweis kommen.
b) Jede Art von Ordnung kann nur von einem intelligenten Schöpfer stammen.
c) Ordnung kann nur als solche gelten, wenn sie auch von jemand bemerkt wird.

Fangen wir mit Punkt c) an: das erinnert sehr an die bekannte These vom Geräusch des fallenden Baumes, das nur dann da sei, wenn es jemand hört. Das hält derBright nicht für sehr überzeugend, denn wenn wir uns den Menschen mal komplett von der Erde wegdenken (beispielsweise zur Zeit vor 1 Mrd. Jahre), dann ist der Kosmos nicht weniger ordentlich als heute - also ohne Rücksicht auf ein wahrnehmendes Wesen keinen Deut anders als jetzt.
Punkt b) ist eine Meinung, die man haben kann oder nicht, derBright hat sie nicht, weil Ordnung offenkundig vorhanden ist und weil er ganz sicher weiß, dass es Götter nicht gibt.
Punkt a) ist interessant, denn da derBright ganz sicher weiß, dass es Götter nicht gibt, folgt aus Deiner Kopplung von Wissen und Beweis, dass wir hiermit über den strengen Beweis für die Nichtexistenz jeden Gottes verfügen.
Im Ernst: Es wird immer Leute geben, die ganz sicher wissen, dass die Welt nur von einem höheren Wesen stammen kann, und es wird immer Leute geben, die ganz sicher wissen, dass es keine Götter geben kann, sondern dass die Welt schlicht aus sich selbst heraus existiert. Da meint derBrigth, dass wir alle gut dran wären, wenn wir einen Modus fänden, nach dem wir miteinander auskommen können.
Wir könnten hier einen Anfang versuchen.
Beste Grüße, derBright