23 Juni, 2010

Amnesie und Konfabulationen

David J. Linden äußert sich in seinem Buch "Das Gehirn - ein Unfall der Natur" über Aspekte religiöser Ambitionen. In dem Zusammenhang beleuchtet er gewisse Hirnfunktionen:
Wenn man einen Patienten im Krankenhaus, der an schwerer anterograder Amnesie leidet, fragt: "Was haben Sie gestern getan?", hat er keine Erinnerungen an den Vortag, die er abrufen könnte. In vielen Fällen konstruiert der Patient dann aus bruchstückhaften früheren Erinnerungen eine kohärente und detaillierte Geschichte ... In fast allen Fällen glauben Amnesiepatienten an ihre eigenen Konfabulationen und verhalten sich, als ob diese wahr wären. Konfabulation bei anterograder Amnesie ist kein willkürlich kontrollierbarer Prozess. Vielmehr spiegelt dieser Vorgang das wider, was das Gehirn tut, wenn es mit einem Problem konfrontiert wird, das es nicht lösen kann: Es spinnt eine Geschichte aus irgendwelchen Erfahrungsbruchstücken, die es heraufbeschwören kann ...

Das klingt nach verblüffender Ähnlichkeit mit religiösen Erklärungsmustern: Für widersprüchliche und lückenhafte Sachverhalte konfabuliert das Gehirn einfach "Erklärungen" (auch mit Wundern, Göttern usw.), die die Lücken kitten, und am Schluss glaubt das Subjekt auch noch selber, was es da produziert hat.

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