23 Februar, 2009

Kann man Unbildung als Standard nehmen?

„Wenn man einige Kinder auf einer Insel aussetzen würde, wo sie alleine aufwüchsen, würden sie an eine flache Erde glauben. Im Gegensatz dazu ist eine Erdkugel unnatürlich für den menschlichen Verstand.“
Was sagt solcher Text? Dass Unbildung zu falschen Ansichten führt. Das ist vermutlich konsensfähig.

Ersetzen wir „flache Erde“ durch „Gott“ und „Erdkugel“ durch „Evolution“, ergibt sich ein Text, der original so im Christlichen Medienmagazin pro steht:
"Wenn man einige Kinder auf einer Insel aussetzen würde, wo sie alleine aufwüchsen, würden sie an Gott glauben. Im Gegensatz dazu ist Evolution unnatürlich für den menschlichen Verstand".
Jetzt aber nicht mehr mit der obigen konsensfähigen Folgerung, sondern mit der Interpretation – bitte festhalten:
„Vielleicht gehört der Glaube an Gott zum Menschen wie der aufrechte Gang? Das überlegen nun auch immer mehr Anhänger der Evolutionstheorie.“
Sollen wir als Meinung von "pro" festhalten, dass Unbildung zum Menschen gehört wie der aufrechte Gang?
Nebenbei: Wäre die Evolutionsidee für den menschlichen Verstand so selbstverständlich, dann hätten wir keinen Darwin – also keine Bildung – gebraucht.

15 Februar, 2009

Wissen als spirituelle Quelle

Neigung zu Spiritualität – sich versenken und bewegen im eigenen geistigen Kosmos – ist eine zutiefst menschliche Eigenschaft, unabhängig von jeder eventuellen persönlichen Beziehung zu irgendwelchen Religionen. Carl Sagan sagt:
"Die Begegnung mit der Natur nötigt der Wissenschaft unweigerlich ein Gefühl der Achtung und Ehrfurcht ab. Der eigentliche Akt des Verstehens ist eine feierliche Vereinigung, Verschmelzung, wenn auch in einem sehr bescheidenen Maße, mit der Herrlichkeit des Kosmos. Und die weltweite Anhäufung des Wissens im Laufe der Zeit verwandelt die Wissenschaft in etwas, was einem transnationalen, transgenerativen Metageist sehr nahe kommt.
...
Wissenschaft ist nicht nur kompatibel mit der Spiritualität – sie ist auch eine tiefreichende Quelle der Spiritualität. Wenn wir unseren Ort in riesigen Räumen von Lichtjahren und im Vergehen der Zeitalter erkennen, wenn wir die Komplexität, Schönheit und Subtilität des Lebens begreifen, dann ist dieses Hochgefühl, dieses Gefühl der Erhebung und zugleich der Demut ganz sicher spirituell. Das gleiche gilt für unsere Gefühle in Gegenwart großartiger Kunst, Musik oder Literatur oder angesichts von beispielhaft selbstlosen und mutigen Taten wie bei Mahatma Gandhi oder Martin Luther King. Die Vorstellung, dass sich Wissenschaft und Spiritualität irgendwie gegenseitig ausschließen, erweist beiden einen schlechten Dienst."
(Quelle: Carl Sagan: Der Drache in meiner Garage. Droemer Knaur München 1977, S. 51f.)