04 Dezember, 2007

Wie McGrath den Weihnachtsmann erledigt

    Als Antwort auf Dawkins' Weihnachtsmannvergleich fragt McGrath den Leser (S. 22): "Wie viele Menschen kennen Sie, die als Erwachsene angefangen haben, an den Weihnachtsmann zu glauben." (In: "Der Atheismus-Wahn" von Alister McGrath, Gerth Medien 2007.) Hier muss derBright ehrlicherweise antworten: "Keinen". Das Argument hat also gesessen.

    Hat es das? Wirklich? Oder könnte es auch ein faules Ei sein? Was muss McGrath ehrlicherweise seinerseits gelten lassen, damit die Bedingungen wirklich vergleichbar sind?
    Z.B.:
    • Wer dem Weihnachtsmann nicht huldigt, wird nach dem Tod auf ewig unsäglichste Höllenqualen leiden, wer ihn aber anbetet, kommt ins Paradies und weilt ewig da in schönsten Verhältnissen (falls er nicht auf eine Ente tritt).
    • Weihnachtsmannlästerung wird gesetzlich verfolgt; Politiker fordern härtere Strafen dafür.
    • Wer dem Weihnachtsmannpriester beichtet, dem werden sämtliche Sünden vergeben.
    • Die Rundfunksender huldigen täglich in der Morgenandacht dem Weihnachtsmann.
    • Der Staat finanziert den Universitäten eine weihnachtsmannkundliche Fakultät, an der Professoren die nächsten Generationen von Weihnachtsmannwissenschaftlern ausbilden.
    • Großkonzerne finanzieren Stiftungen, die sich mit der "Zukunftsperspektive" des Weihnachtsmannglaubens beschäftigen und Konzepte, Empfehlungen und Handlungsstrategien entwickeln.
    • Weihnachtsmannbischöfe erklären Mitbürger, die in weihnachtsmannungläubigen Familien aufgewachsen sind, zu geistigen Krüppeln.
    Ohne das hier explizit zu vervollständigen nehmen wir an, dass auch alle nicht aufgezählten Teile religiöser Infrastruktur wie schulischer Religionsunterricht, Kirchengebäude uswusf. total und ausschließlich auf die Weihnachtsmanngläubigkeit ausgerichtet sind. (Mit "alle" sind wirklich alle gemeint, also in Bayerns Klassenzimmern steht anstelle des Kruzifixes ganzjährig ein Weihnachtsbaum, auf US-Banknoten steht: "In Santa Claus we trust", im Vatikan sind Exorzisten angestellt, die Leuten, die den Weihnachtsmannglauben zu verlieren drohen, den Teufel austreiben sollen usw.)
    Außerdem setzen wir voraus, dass unter ausnahmslos allen Erwachsenen ein Glaube an Gott als Kinderei gilt und die Eltern das ihren Kindern im Vertrauen auch bestätigen, wenn sie das entsprechende Alter erreicht haben.
    Dazu gehört natürlich auch, dass McGrath aus unerschütterlicher, tiefster innerer Überzeugung mit all seiner akademischen Autorität als studierter Weihnachtsmannwissenschaftler ein Buch mit dem Titel "Der Antiweihnachtsmannwahn" veröffentlicht, in dem er Kritikern vorwirft, Fakten der Weihnachtsmannwissenschaft nicht präzise genug zu würdigen, auch auf das lächerliche Gottesargument eingeht und dazu auf S. 22 schreibt: "Als ich etwa fünf Jahre alt war, hörte ich auf, an die Existenz Gottes zu glauben (auch wenn ich dies meinen Eltern noch einige Zeit verschwieg, weil mir durchaus bewusst war, dass mir das Vorteile brachte)."

    So, und jetzt fragen wir noch mal: Wie viele Menschen werden unter diesen Bedingungen angesichts einer alles erdrückenden Weihnachtsmanngläubigkeitsmacht – oder einfach schon in gutem, schlichtem Vertrauen auf hochkarätige Autoritäten wie McGrath und Vatikan – als Erwachsene eher anfangen, an den Weihnachtsmann zu glauben, anstatt an einer eigenen kleinen Skepsis festzuhalten?

    27 November, 2007

    Religion geht gern auch "kontrafaktisch"

    Während er Dawkins ein ganzes Buch lang vorwirft, sich zu wenig an Fakten zu halten, schafft McGrath auf S. 80 die Glanzleistung, der Religion selbst einen absoluten Freibrief auszustellen: "Menschen können ... kontrafaktischen Glaubensaussagen ... zustimmen, weil jener kognitive Prozess, der mit ihrer individuellen Religion einhergeht, sich nicht auf derselben Ebene abspielt." (In: "Der Atheismus-Wahn" von Alister McGrath, Gerth Medien 2007.)
    Auf Klardeutsch also: "Meine individuelle Religion erlaubt mir, die Auswirkung unbequemer Fakten frech zu ignorieren; wenn Fakten nicht zu meinen Geschichten passen, habe ich eben ein 'Mysterium' – und erwarte dann von Dawkins, dass er brav die 'Fakten' meiner mysteriengestützten Religion würdigt."
    Wenn das kein Wahn ist, was dann?

    04 November, 2007

    Glauben gründlich auf die Spur gegangen

    ... ist Dieter Nuhr mit seinem Buch "Wer's glaubt, wird selig", meint ein Hobby-Rezensent bei Amazon. Jedenfalls hat sich bisher unter den dortigen Rezensenten noch keiner gefunden, der das Buch aus religiöser Sicht beanstandet. Also: Wer noch auf der Suche nach einem Geschenk ist, kann damit wohl nicht viel verkehrt machen. Leseprobe von S. 23 unten: "Ich habe in Differential- und Integralrechnung oft Lösungen gefunden, die ausschließlich auf starkem Glauben beruhten... Leider war unsere Mathematiklehrerin religionslos..."

    25 Oktober, 2007

    Was hat das mit seinem Amt zu schaffen?

    In der Süddeutschen steht, man dürfe Bischöfe nicht mit bestimmten Worten belegen, und auch nicht manche anderen Amtsinhaber. Aber bitte, für den Fall, dass eine beliebige Person über alle Maßen Unsinn von sich gibt (z. B. auch der Art, aufgeklärte Mitbürger wie geistige Krüppel anzusehen), dann sollte doch noch so viel Amt nicht vor einer passenden Zurechtweisung schützen, oder?

    Hörensagen übertrumpft die Fakten

    Bevor derBright im Juli die Merkwürdigkeit angesprochen hatte, dass Tatsachen oft unbeachtet bleiben, hatte er schon an zwei anderen Stellen (1, 2) Gründe aufgelistet, die beitragen, religiöse Verhaltensweisen zu fabrizieren. Gemäß einer neueren Meldung können wir die Auflistung um Gründe ergänzen, die in der menschlichen Natur liegen und die illustrieren, wie Hörensagen wirkt: Der Mensch glaubt häufig gern, was ihm erzählt wird.
    Wo man so erzogen schon sich selbst genügt und nicht Anregung noch Wege findet, Fakten aufgeschlossen zu begegnen, da hat jeder Aberglaube leichtes Spiel und zementiert sich immer wieder selbst. Das ist es, was man gern ein geschlossenes System nennen kann: Jede Sache wird zurückgeführt auf Autorität, die sich selber hütet.

    20 Juli, 2007

    Vor zwei Jahren ist derBright gestartet

    ... und es fasziniert ihn immer wieder aufs Neue, dass sich das, was ganz offenkundig nach allen Regeln unseres Wissens einfach nur Tatsachen sind, merkwürdigerweise nicht "automatisch" als anerkannte Wahrheit durchsetzt. Im Gegenteil: Für noch so irrwitzige Anschauungen finden sich Vertreter, die sich augenscheinlich ernsthaft und wissenschaftlich geben und ihr Publikum bis in höchste Kreise finden. Fazit: Die Wahrheit verlangt mindestens so viel Einsatz, wie die Verbohrten für ihre krausen Theorien aufbringen. Also machen wir weiter und freuen uns über jeden, der mitredet.

    20 Juni, 2007

    Warum gibt es etwas und nicht gar nichts?

    Mancher fragt sich beim Anblick der heutigen Welt: "Wo ist das alles hergekommen"?
    Die Antwort ist einfach: Alles, was wir heute vorfinden, kommt vom voraufgehenden Zustand, von gestern. Und alles, was gestern vorzufinden war, kommt wieder vom voraufgehenden Zustand, vom Tag davor. So einfach. In Ewigkeit. Und nicht anders. Materie ist ewig, ebenso ewig bewegt wie ewig veränderlich.
    Wer sich mit dieser einfachen, organischen Sichtweise partout nicht zufrieden geben will, muss mindestens zwei ungeheuer spekulative Dinge erfinden: Erstens muss er unterstellen, es könnte tatsächlich einen Zustand des materiellen "gar nichts" geben, der dann auch wirklich bestanden haben müsste, und zweitens muss er darüber hinaus auch noch unterstellen, dass es eine Möglichkeit gäbe, aus diesem "Gar nichts" das "Alles" zu machen.
    (Religionen unterstellen dazu gern eine dritte Spekulation – noch weiter hergeholt als die anderen beiden – dass es göttliche Wesen gäbe, die diesen Übergang vom "nichts" zum "alles" als "Schöpfungsakt" bewerkstelligen.)
    Alle Unterstellungen – schon jede für sich – liegen jenseits jeder Vernunft. Für eine Gültigkeit der Unterstellungen gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt – abgesehen von Märchen aus der Eisenzeit, die variiert bis heute weitererzählt werden.
    Was ist einfacher und logischer, auch im Sinne von Ockhams? Dass sich der jetzige Zustand jeweils schlicht aus dem voraufgehenden ergibt? Oder dass es einen universellen Zustand des totalen Nichts gegeben haben soll und dazu die Möglichkeit, aus "nichts" "alles" zu machen?
    Denken hilft.

    Aber halt mal, was ist mit dem Urknall?


    Jeder weiß ja, dass mit dem Urknall nicht nur der Raum und die Materie, sondern auch die Zeit entstanden sind, so dass eine Frage nach "Zeit vor dem Urknall" sinnlos ist. Also ist der Urknall und damit "alles" doch wirklich aus dem Nichts entstanden!
    Falsch. Über den Zustand, aus dem der Urknall entstanden ist, wissen wir wenig bis nichts. Unklar ist z. Zt. auch noch, wie viel wir jemals darüber wissen werden. Natürlich ist es eine Spekulation, aber wenn wir davon ausgehen, dass der Urknall genauso wie jede andere Veränderung der Welt ein Übergang zwischen unterschiedlichen Zuständen der Materie war, dann haben wir eine Spekulation, die wegen ihrer organischen, konsistenten Struktur sehr viel mehr Richtigkeit enthalten dürfte als jede Spekulation über irgendeine Art "Schöpfung" von "allem" aus "nichts". (Siehe auch: http://www.astronews.com/news/artikel/2007/07/0707-005.shtml )

    Wie bewegt man Leute, hier zu zweifeln?


    Wer vorher schon weiß, dass er auf einen Schöpfer hinaus will, argumentiert von Anfang an entsprechend: In Verbindung mit der Natur und ihren Erscheinungsformen werden dann gern Beiworte wie "vergänglich" gebraucht, mit der augenscheinlichen Absicht, auf die Endlichkeit alles Irdischen aufmerksam zu machen, wobei sich aus der Endlichkeit ergibt, dass es auch eines Anfangs bedarf, für den letztlich ein Schöpfer nötig wäre. Ein Musterbeispiel dafür findet sich in der Kathpedia, wo es z. B. heißt: "Nun wissen wir eines mit Gewissheit, mit philosophischer, denkerischer Gewissheit: Alles, was wir an Materiellem beobachten können, war einmal nicht. Die Sonne ist entstanden, der Mond, die Erde, das Leben in all seinen Formen, bis hin zum Menschen, zu uns, zu mir. Was einmal nicht war, wird auch wieder vergehen, als Materielles. Was einmal wurde, hat seine Existenz nicht aus sich selber. Es ist in seiner Existenz labil, kann und wird wieder vergehen..."
    Nun, derBright wünscht den Lesern, dass ihnen auffällt, dass hier von der Form die Rede ist: Sonne, Mond, Menschen, während gleichzeitig unterschwellig suggeriert wird, die Substanz sei vergänglich ("Alles, was wir an Materiellem beobachten... war einmal nicht...wird auch wieder vergehen, als Materielles.") und bedürfe somit eines Schöpfers, um der Nichtexistenz enthoben zu werden. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Substanz ist das ewige, ewig veränderliche, das uns mit immer neuen, vergänglichen Formen überrascht: Partikel, Felder, Planeten, Lebewesen, Kunstwerke... eine wunderschöne, konsistente Vorstellung, ganz aus sich selber.

    Ergänzung (15.12.2008): Eine Fundgrube für Interessenten sind die Veröffentlichungen von Adolf Grünbaum, darunter der Hinweis aus seiner Bibliographie:
    "Why is there a Universe AT ALL, Rather Than Just Nothing?" In J. Shook and P. Kurtz (eds.) The Future of Naturalism. Amherst, NY: Prometheus Books. This article was first published in Free Inquiry as Part I, June/July, 2008 and Part II Aug/Sept 2008. See also [385] and [390].

    01 Mai, 2007

    Mechanismen, die den Glauben stützen

    • Erzählungen sind sehr stabile Punkte im persönlichen geistigen zu Hause. Wer erinnert sich nicht lange und plastisch an die ersten bewusst "erlebten" Geschichten mit Geistern, Drachen, Göttern, Ungeheuern.
      Wie oft müssen Eltern Ihren angstgeplagten Kindern über Jahre eindringlich versichern, dass es wirklich keine Ungeheuer gibt.
      Wenn nun dieselben Eltern denselben Kindern mit derselben Autorität unausgesetzt einreden, dass es den Gott wirklich gibt und man ihn anbeten muss: wen wundert's, dass das Spuren hinterlässt. (Dawkins bezeichnet das als "geistigen Kindesmissbrauch".)
    • Gebäude manifestieren Ideengebäude: Gebäude sind nicht wegzudiskutieren, sie stehen da, für sich selbst und für die Idee immer mit. Beeindruckende Gebäude erst recht, großartige Gewölbekonstruktionen, Türme, Malereien usw.
      Das garantiert automatisch Autorität.
    • Staatliche Gewalt: Auch wenn Gerichtsverfahren wegen Gotteslästerung nicht zur Verurteilung des Aufgeklärten führen, zeigt schon die Anstrengung und Durchführung solcher Verfahren und der Ruf nach strengerer Handhabung, dass der Bürger sich hier in vermintem Gelände befindet und daher eher die Klappe halten sollte.
    • Potentielle Reibungen mit Menschen und Organisationen: Wem ist es schon angenehm, religiös gebundener Bekanntschaft und Verwandschaft ihre peinliche Zurückgebliebenheit vorzuhalten, indem man sie – und sei es noch so vorsichtig – wissen lässt, dass man nicht zu denen gehört, die eine literarische Erfindung aus der Eisenzeit anbeten.

    07 März, 2007

    Mitglied des Kongress' will sich erklären

    Der Kongress der Vereinigten Staaten hat 535 Mitglieder. Bisher mochte keines davon riskieren, als nicht gläubig zu gelten. (Siehe auch: "Viele lügen, um gewählt zu werden".) Wie Daylight Atheism nun meldet, will in fünf Tagen, am 12. März 2007, die Secular Coalition for America den Namen eines Kongressmitglieds bekanntgeben, das sich nicht als Theist versteht.

    28 Februar, 2007

    Unterschreibt die Brüsseler Erklärung!

    "Eine säkulare Vision für Europa", das ist die Idee der Erklärung, und unterschreiben kann man sie hier.

    12 Februar, 2007

    Frankreich: ungebetene Geschenke

    Zehntausende Schulen und Universitäten in Frankreich werden mit einem "Atlas of Creation" überschwemmt, meldet FRANCE 24. Und aus dem "Atlas" erfährt man endlich auch, was Darwinisten wirklich machen: Sie sind es, die hinter der Gewalt in der Welt stecken...

    27 Januar, 2007

    Was das Tier vom Menschen unterscheidet

    Eine angenehm nüchterne Bestandsaufnahme, die die Betrachtung von Seele und Geist nicht ausspart: http://www.welt.de/data/2007/01/07/1168143.html

    03 Januar, 2007

    Gläubige ... für ziemliche Idioten

    ... hält Richard Dawkins nach dem Artikel in der taz. Wer das für sehr harsch hält, der sei daran erinnert, dass hiesige offizielle Kirchenvertreter nichtreligiöse Mitbürger auch schon mal als geistige Krüppel bezeichnen.