Neu ist die Erkenntnis nicht. Schon Aristoteles wusste, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile, und Philosophen und Physiker haben das Phänomen "Emergenz" umfänglich untersucht und forschen weiter darüber, weil wir es erst in Ansätzen verstehen.
Dinge haben also nie "nur" die Eigenschaften ihrer materiellen Bestandteile, sondern darüber hinaus auch neue Eigenschaften, durchaus auch ganz unerwartete, überraschende (das ist das Wesen von Emergenz), die durch ihre Struktur wirklich erst hervorgebracht werden, die also vorher – vor dem Aufbauen dieser Struktur – weder zu sehen noch zu erwarten waren.
Das alles ist so offenkundig richtig, dass man bis auf Ausnahmen heute keinen Theisten finden wird, der behauptet, fliegen von Dingen "schwerer als Luft" sei nur dank göttlichen Eingriffs möglich. Unterstellte man Theisten pauschal, die zugehörigen physikalisch-technischen Zusammenhänge nicht zu durchschauen, wären sie – zu recht – empört.
Merkwürdigerweise hindert das viele Theisten nicht daran, Emergenz auf anderen Gebieten hartnäckigst zu ignorieren. Geradezu typisch zeigt sich das bei Angelegenheiten wie "Denken", "freier Wille", "Liebe" und sonstigen psychologischen und sozialen Phänomenen. Dazu wahllos herausgegriffene Beispiele aus Unmengen, wie sie allenthalben von Theisten abgesondert im Netz zu finden sind:
- "Eine Maschine besteht aus der Summe ihrer Teile" (So subtil signalisiert ein leibhaftiger Theist, dass ihm Aristoteles nicht geheuer ist; hier hilft nicht mal der obige Jumbo Jet. Leider ist die Quelle aus dem Netz genommen worden.)
- "Der Mensch wird wegerklärt, was bleibt ist ein seelenloser Bioautomat"
- "wenn es also nichts spezifisch menschliches mehr gibt, warum nennen sich diese deterministischen Bioautomaten noch so"
- "Es gibt mittlerweile Hirnforscher, die den Materialismus so radikal denken, dass sie den Menschen nur als Ansammlung von physikalischen, biochemischen Prozessen sehen und ihm jeglichen Geist absprechen" ... uswusf.
So einfach. So unerschöpflich. So natürlich.